Strafbataillon 999 by Heinz G. Konsalik
Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-30T04:00:00+00:00
Erich Wiedeck saß in einem halbfertigen, abgestützten Bunker und rauchte eine Zigarette – die letzte aus seiner Zuteilung – als sich der schmale Eingang verdunkelte und sich eine breite Gestalt in den Bunker schob. Wiedeck blieb die Zigarette auf halbem Weg zum Mund in der Luft hängen. Zuerst dachte er, er irrte sich – doch es stimmte:
Krüll.
»Da wirst du doch verrückt«, murmelte er fassungslos, während er langsam aufstand.
»Na, ihr Schlappschwänze? Schon Feierabend? Ach ja – da ist ja nur einer drin. Wo sind die anderen?«
»Wer?« fragte Wiedeck.
»Na – die anderen. Oder baust du etwa den Bunker allein?«
»Ich hab' da noch etwas zu tun gehabt«, sagte Wiedeck. Es stimmte nicht ganz. Er hatte sich in diesem Bunker eine halbe Stunde vor der Ablösung versteckt; er wollte Ruhe haben, er war hundemüde, und im Bunker war es einigermaßen warm. Jedenfalls wärmer als draußen, wo dieser verdammte Wind über die Ebene zog und die Schneekristalle wie Nadeln ins Gesicht stachen.
»Na, ich weiß nicht«, polterte Krüll. »Scheint ganz gemütlich hier zu sein. Soldatenspielen – welche Wonne! Jetzt weiß ich auch, warum die fünfzig Meter Graben fehlen. Statt zu schanzen, sitzt ihr hier herum. Es war Zeit, daß ich einmal selbst nach dem Rechten sehe!«
Erich Wiedeck drückte die Zigarette bedächtig aus, verwahrte die Kippe in der Brusttasche und setzte sich wieder. Krüll starrte ihn entgeistert an und brüllte dann laut:
»Hopp, hopp – 'raus aus dem Bunker und 'ran an die Spitzhacke.«
»Nee«, sagte Wiedeck, »Ablösung ist bereits fällig. Ich bin schon seit zehn Stunden – die ganze Nacht – hier. Und die ganze Zeit hab' ich nichts zu fressen gekriegt und keine Ruhe gehabt. Feierabend!«
»Ruhe? Ist die Wehrmacht etwa ein Sanatorium?« schrie Krüll. Er kam sich sehr stark vor. Mit Hefe und Kentrop war er mit vier Schlitten von Gorki an die Schanzstellen gefahren, in der Morgendämmerung, bei Feindeinsicht, ohne daß die Russen auf sie reagiert hätten. Das ließ in Krüll den Verdacht aufkeimen, daß alle Meldungen von den Sowjets, die auf jeden Punkt schossen, der sich über das Schneefeld bewegte, weit übertrieben seien und nur dazu dienten, eine ruhige Kugel zu schieben. Allein, das blieb noch rätselhaft, woher die große Zahl der Verwundeten und Toten kam. Aber darüber machte er sich jetzt keine Gedanken. Wahrscheinlich gab's 'ne Menge Selbstverstümmelungen. Himmel, man wird besser aufpassen müssen!
Gleich nachdem er in den ausgehobenen Gräben angelangt war, beschloß er, einen Erkundungsgang zu machen – und anstatt hart arbeitender Männer fand er müde, in den Bunkern und auf den Grabenböden hockende Gestalten, die auf Ablösung warteten. So kam er auch zu dem kleinen, vorgeschobenen SMG-Bunker, in dem Wiedeck hockte.
Es sah gar nicht so schlecht aus, in solch einem Bunker. Harte Erdrinde, Holzbretterverschalungen, dicke Abstützbalken, ein paar Nischen, in denen man Bretterbetten mit Strohsäcken aufstellen konnte. Richtig komfortabel. Aber er hatte noch Zeit, er konnte sich später umsehen, zunächst einmal mußte er diesen widerspenstigen Wiedeck zum Teufel fahren lassen. Er machte den Mund auf, um loszubrüllen, doch ein gefährliches, entferntes Donnern ließ ihn innehalten. Gleich darauf heulte es durch die Luft,
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